SPD-Chef Lothar Barop freute sich letzten Dienstag (30.10.) über ein „volles Haus“ im Hotel Freihof. Der Einladung zu der öffentlichen Mitgliederversammlung der SPD Wedel waren nicht nur die Mitglieder gefolgt, sondern zahlenmäßig noch mehr Nichtmitglieder, Bürgerinnen und Bürger der Stadt, denen die Zukunft des Schulauer Hafens am Herzen liegt.
Manfred Eichhorn, SPD-Sprecher im zuständigen Ausschuss der Stadt, präsentierte ihnen die Ideen, die der Hamburger Millionär Edmund Siemers Anfang September im Planungsausschuss vorgestellt hatte. Gemeinsam mit zwei weiteren Investoren möchte Siemers den Schulauer Hafen betreiben. Sein Konzept sieht vor, im Hafen eine Pontonanlage mit sogenannten „Liegern“ sowie einigen Schiffen zu installieren, ein Wassertaxi zu betreiben und ISI durch einen eigenen Kioskbetrieb zu ersetzen.
Im Planungsausschuss war das Meinungsbild ziemlich eindeutig. Nur SPD und WSI stimmten gegen weitere Gespräche mit Siemers. Die SPD schlug vor, den Hafen zunächst fertigzustellen. Wenn die neue Ostpromenade fertig sei und das Hotel Gestalt annehme, werde die Attraktivität des Hafens besser erkennbar. In der Zwischenzeit sollte gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und den maritimen Unternehmen in Wedel, den Vereinen und allen sonst Interessierten ein neues Konzept für den Hafen entwickelt werden.
„Wir würden uns freuen, im Ergebnis unserer Diskussion viele Anregungen und Impulse zu erhalten, um das Thema voranzubringen“, eröffnete Lothar Barop die Diskussion.
Rege Wortmeldungen,
viele Anmerkungen und Vorschläge
Und tatsächlich gab es rege Wortmeldungen und wurden viele Anmerkungen, Fragen und Vorschläge vorgetragen. Die meisten Teilnehmer der Veranstaltung, die übrigens mehrheitlich nicht Anwohner des Hafens waren, äußerten sich besorgt und kritisch.
Die nachfolgende Auflistung spiegelt die rege Diskussion wider. Es handelt sich um Meinungen und Fragen, nicht um Tatsachenfeststellungen. Die Formulierungen sind kein Zitate, sondern Wiedergaben aus dem Gedächtnis.
Fragen / Anmerkungen zu Siemers und seinen Motiven
- Das Siemerskonzept blockiert auf 20-30 Jahre alle alternativen Optionen zur Gestaltung des Hafens.
- Die Interessen des Hamburger Unternehmens sind ganz und gar undurchsichtig.
- Da investiert ein Kaufmann eine Million Euro, einfach so, weil er Wedel so liebt und etwas Gutes tun möchte?
- Wer steht eigentlich rechtlich gesehen hinter dem Angebot des Herrn Siemers? Wer ist Verhandlungspartner der Stadt? Eine Person, ein Unternehmen, ein Verein? Wer steckt haupt- und nebensächlich hinter dem Projekt?
- Siemers agiert in einem undurchsichtigen Firmengeflecht, das die dahinter stehenden Interessen nicht erkennen lässt.
- Was ist das tatsächliche Geschäftsmodell, das Siemers verfolgt?
- Was passiert im Falle einer Insolvenz oder des Rückzugs des Investors?
- Siemers sucht dringend nach Ersatz für die Liegeplätze, die er im Hamburger Spreehafen räumen muss.
- Die Stadt Hamburg plant den Spreehafen städtebaulich zu entwickeln und aufzuwerten. Deshalb müssen die Siemerschen Schwimmobjekte dort verschwinden.
- Völlig unklar ist bislang, was in den Werkbaracken tatsächlich gearbeitet werden soll. Welche Reparatur- und Handwerksarbeiten sollen in welchem Umfang ausgeführt werden?
- Dort, wo zum Beispiel am Sandtorkai in Hamburg auf Liegern maritim-handwerklich gearbeitet wird, gibt es ständig Ärger und Klagen wegen Lärmbelästigungen und Luftverschmutzung.
- Bislang gibt es von Siemers nichts als Absichtserklärungen, keine konkreten Zusagen.
Anmerkungen / Fragen zum Handeln von Stadt und Politik
- Warum wurden für die Umsetzung des ursprünglichen Konzept große Ausschreibungen durchgeführt und wird jetzt für die veränderte Situation auf jede Ausschreibung verzichtet?
- Offensichtlich haben sich die Konditionen für einen Betreiber deutlich verändert.
- Ist es rechtlich überhaupt zulässig, nun quasi freihändig den Hafen an den erstbesten Anbieter zu vergeben?
- Wenn man zu der Erkenntnis kommt, dass das ursprüngliche Betreiber-Konzept nicht greift, muss man dann nicht rechtzeitig ein alternatives Konzept entwickeln?
- Das von der Stadt ins Auge gefasstes Engagement des Hamburger Yachthafens, war von vornherein unrealistisch, da es satzungsmäßig ausgeschlossen ist.
- Warum wird nicht zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern, Wedeler Unternehmen, Sportvereinen und anderen Interessierten ein neues, angepasstes Konzept entwickelt? Warum kein öffentlicher Ideenwettbewerb dazu?
- Der Bürgermeister und die Parteien sind wegen des leeren, toten Hafens in Verlegenheit und suchen in dem Siemerskonzept die schnelle Rettung.
- Die investierten Steuermillionen verpflichten, die beste Lösung zu finden, nicht die erstbeste.
- Der Hafen soll den Bürgern gehören, er soll öffentlich zugänglich sein und öffentlich genutzt werden können. Der Hafen soll nicht zum privaten Abstellplatz werden.
- Es gibt in Wedel durchaus interessierte Unternehmen und Vereine, die bereit sind, sich unter veränderten Bedingungen zu engagieren. Ohne erneute Ausschreibung werden diese Wedeler Interessenten ihrer Chance beraubt.
Anmerkungen / Fragen zu einem neuen Konzept
- Es muss ja nicht „den“ einzigen Betreiber für den Hafen geben.
- Denkbar ist auch, dass mehrere verschiedene Unternehmer und Vereine den Hafen zum Leben erwecken.
- Es sollte auch über eine solche „kleinteilige“ Lösung nachgedacht werden.
- Der Hafen kann zu einer Art Event-Areal für die unterschiedlichsten kulturellen, wassersportlichen und sonst wasserbezogenen Aktivitäten werden.
- Der Hafen könnte auch zur Elbe hin abgeschlossen werden. Es könnten dort Hausboote angelegt werden.
- Wedel soll sich Zeit lassen, muss nicht panisch reagieren. Nach der Vorgeschichte, kommt es jetzt auf ein paar wenige Jahre nicht an.
- Der ideale Zeitpunkt ist schon verpasst, jetzt kommt es darauf an, gemeinsam nach Lösungen suchen.
- Man sollte die Ostpromenade erst einmal nicht anpacken und das Geld stattdessen für Schlengel und sonstige Verschönerungen verwenden.
- Die Mauer der Ostpromenade kann ohne großen Aufwand verschönert werden, z.B. durch Bemalen wie bei der Flutschutzmauer am Schulauer Fährhaus.
- Mit der fertiggestellten Ostpromenade wird der Hafen attraktiver und wird weitere Investoren anziehen.
- Es gilt Zeit zu gewinnen, um eine bessere Lösung zu finden.
- Es sollten alle Ideen zur veränderten Situation zusammengetragen und unter breiter Beteiligung von Bürgerinnen, Wirtschaft, Vereinen und Politik geprüft werden.
- Die Verhandlungen zwischen den Fraktionen/Verwaltung und Siemers sollen ergebnisoffen geführt werden.
technische Aspekte
- Strömung, Sog und Wellenschlag am Hafeneingang und im Hafen sind sehr stark. Mit der geplanten Lieger- und Pontonanlage wird das Einfahren und Manövrieren in dem zugebauten Hafen schwierig und gefährlich.
- Winterstürme und Sturmfluten erfordern ganz andere Maßnahmen als z.B. im Spreehafen und erhöhen die Kosten beispielsweise hinsichtlich der Verankerungen der Ponton- und Liegeranlage bei Sturmfluten.
- Wenn, dann müsste die Anlage eher in der nord-westlichen Ecke des Hafens platziert werden.
- Der Hafen fällt immer wieder trocken und hat nicht mehr die „dämpfende“ Schlickablagerung wie früher.
- Das Ausbaggern wird mit der Pontonanlage viel teurer, da Arbeitspontons und Lieger herausgenommen werden müssen. Trägt die Stadt auch diese Zusatzkosten?
Und ein bisschen „Sonstiges“
- Das einzig Positive am Hafen ist, dass die Jugend des SVWS nun einen idealen Platz für ihr Opti-Training hat.
- Nach anfänglicher Skepsis ist die Westmole sehr schön.
- Der leere Hafen hat auch etwas Beruhigendes.
- Der Begriff „Traditionshafen“ ist irreführend, da er Traditionsschiffe assoziiert. Unter Traditionsschiffen stellt man sich aber etwas anderes vor als die Lieger und Arbeitsbaracken, die in den Hafen kommen sollen.
- Die vorgesehene Ponton- und Liegeranlage passt nicht zu der modernen Architektur des Hafens.
Zu erwähnen bleibt, dass es auch einige wenige Wortmeldungen zugunsten des Siemerskon-zeptes gab. Verwiesen wurde darauf, dass man ja lange und erfolglos nach einem Betreiber gesucht habe und sich das ursprüngliche Konzept eines Segel- und Sportboothafens als nicht realisierbar erwiesen habe. Mit Siemers liege jetzt die einzige konkrete Lösung vor. Im Übrigen handele es sich bei den Liegern keineswegs um Baracken. Und auch die ehemalige SVWS-Hafenanlage sei nicht öffentlich zugänglich gewesen, ebenso wie der Hamburger Yachthafen heute.